Das Jahr 2017 ist rum und 2018 ist schon ein paar Tage alt. Wir freuen uns, dass wir 2017 so vielen Kunden und Athleten helfen konnten ihre körperlichen Ziele zu erreichen. Nach über 6 Jahren als Krafttrainer ist es nun an der Zeit einmal über Fehler zu reden. Fehler sind für jeden Trainer wichtig, vorausgesetzt man lernt daraus und entwickelt sich – nur wer aus diesen lernt wird zukünftig ein besserer Trainer sein.

Im Folgenden möchte ich meine 5 Fehler vorstellen, um anderen Trainern zu zeigen, dass es natürlich ist unvollkommen zu sein und man sich aufgrund dessen nicht aus der Bahn werfen lassen sollte.

 

1. Sei du selbst

Ich sehe viel zu viele Trainer (und dazu zählte auch ich), die zu sehr versuchen jemand zu sein, der sie nicht sind. Jeder Trainer hat Mentoren sowie Vorbilder und man versucht natürlich so zu sein wie sie. Zu Beginn ist dies sicherlich hilfreich, aber über kurz oder lang sollte man nicht versuchen jemand anderes zu sein. Ich habe zu Beginn meiner Kariere immer versucht mit aller Gewalt so viel Wissen anzuhäufen wie ich konnte, um meinen Mentoren so schnell wie möglich nacheifern zu können. Darunter litt meine tägliche Arbeit und auch mein Privatleben, da ich mit aller Macht versuchte viel zu viel zu lesen oder viel zu viele Seminare zu besuchen und einfach viel Zeit dafür aufwendete. Mittlerweile mache ich dies nicht mehr.

Alles Wissen was ich für meine tägliche Arbeit benötige, habe ich mir angeeignet und ich bin der Meinung, dass ich nicht alles wissen muss. Diese Einsicht hat einen enormen Druck von mir genommen und ich kann mich perfekt auf das konzentrieren was ich gut kann. Über die letzten Jahre habe ich mir ein großes Netzwerk an Trainerkollegen auf der ganzen Welt aufgebaut und kann diese kontaktieren, wenn ich zu gewissen Themen einen Rat benötige.

 

2. Zu wenig Volumen und zu viel Kraft

Dies ist eine der wichtigsten Lektionen, die ich in den letzten 2 Jahren gelernt habe. Bis Mitte 2016 hatten 95% der von mir geschriebenen Programme in der Regel eine Durchschnittswiederholungszahl von 6 Reps und das egal für welchen Kunden. Programme wie 10×10, 10×5, 5×5, 6×6, 6,6,4,4,2,2 kamen oft zum Einsatz – Programme, die gut sind für bestimmte Ergebnisse. Ist es allerdings Ziel des Kunden Körperfett zu reduzieren und etwas Muskelmasse aufzubauen, sind diese Programme nicht mehr meine erste Wahl, da das Volumen und die Bewegung im Training zu gering sind. Natürlich gibt es Kunden und Athleten mit einer bestimmten Muskelfaserverteilung, die auch mit wenig Wiederholungen Körperfett reduzieren.

Die Mehrzahl unserer Kunden benötigt allerdings ein großes Maß an Bewegung und Volumen im Training, um Körperfett zu reduzieren und Muskelmasse aufzubauen. Der Grund: Die Mehrzahl der Kunden, auch die von den meisten Personal Trainern, sind keine Profisportler, die sich akribisch an den vorgegebenen Ernährungsplan halten, was menschlich und normal ist. Deswegen ist es unsere Aufgabe, den Kunden im Training einem optimalen Maß an Volumen und Bewegung auszusetzen, denn diese verbrennt wiederum Kalorien und der Kunde hat trotz nicht „optimalem“ Einhaltens des Ernährungsplans einen Fortschritt. Mit einem nicht „optimalem“ Einhalten des Ernährungsplans meine ich, dass es ok ist mal ein paar Kohlenhydrate zu essen und auch mal ein Glas Wein zu trinken. Völlerei ist natürlich nicht gemeint. Was mich zu Punkt 3 bringt.

Tim schaffte es seinen Körperfettanteil von 37,8% mit 143,9kg auf 6,6% und 97,8kg zu reduzieren. Er trainiert regelmäßig 3x pro Woche. Seine Workouts haben ein hohes Maß an Bewegung um seinen Körperfettanteil dauerhaft niedrig zu halten.

 

3. Zu wenig Kohlenhydrate

Wer schnell sein Körperfett reduzieren möchte, sollte gar keine bzw. wenig Kohlenhydrate essen. Das ist die geläufige Meinung, welche zum großen Teil richtig ist. Bis vor einem Jahr war ich der festen Meinung, dass man als Mann über 10% und als Frau über 16% Körperfett nur 1x pro Woche Kohlenhydrate essen sollte. Quasi ein Cheat Meal in der Woche. Wenn man von 3 Hauptmahlzeiten pro Tag ausgeht, dann sind das 21 Mahlzeiten die Woche (ohne Snacks), von denen man 20 nur bestehend aus Gemüse, Protein und Fett essen sollte. Je nach Typ des Kunden, ist dies allerdings nicht die cleverste Wahl. Die wenigsten Trainer haben eine Mehrzahl von Kunden, die so stringent sind und sich zu 95% nur von Gemüse, Protein und Fetten ernähren wollen und auch können. Ich gehe davon aus, dass ich durch diese engstirnige Ansicht einige Kunden verloren habe und zum Teil auch nicht von Kunden weiterempfohlen wurde. Ende 2016 änderte ich allerdings meine Einstellung zum Konsum von Kohlenhydraten.

Ich war also jahrelang darauf getrimmt, dass man als Mann über 10% und als Frau über 16% Körperfett nur 1x pro Woche Kohlenhydrate essen darf. Macht man das nicht, so bleiben die Erfolge bezüglich der Körperfettreduktion aus. Mittlerweile empfehle ich fast allen Kunden 1x pro Tag Kohlenhydrate zu essen. Sind die Ergebnisse meiner Kunden dadurch schlechter als vorher? Nein! Ich würde sogar sagen, dass meine Kunden und ich mit dieser Vorgehensweise deutlich besser fahren. Die Kunden sind motivierter, da ihre Ernährung „weniger monoton“ ist. Natürlich dürfen die Kohlenhydrate nicht Schokolade, Zucker und Weizen sein. Empfohlene Kohlenhydrate sind u.a. Reis, Kartoffeln, glutenfreie Nudeln und Sauerteigbrot. Man sollte nicht alles zu engstirnig sehen. Es gibt sprichwörtlich viele Wege, die nach Rom führen.

Benjamin Borgmann konsumierte mit einen Körperfettanteil von 18% jeden Abend „gute“ Kohlenhydrate. Zwischen den Bildern liegen 9 Wochen und 8% Körperfett weniger.

 

4. Zu sehr Schwerpunkt auf Supplements

Die Vielzahl und die Menge an Supplements, die ich mit Kunden einsetze, hat sich über die Jahre deutlich reduziert. Supplements können helfen, aber nur zu einem sehr geringen Teil. Früher lag der Schwerpunkt auf einer breiten Palette und großen Menge an Supplements, da dies bei der Körperfettreduktion notwendig sein musste. So wurde es mir beigebracht und das gab ich an Kunden weiter.

Das Problem ist, dass eine Mehrzahl der Kunden dann dachte, dass der „Grund“ warum es zu einem Plus an Körperfett gekommen ist, ein Mangel an Vitaminen, Mineralien oder gar eine schlechte Entgiftung ist und nicht ein Mangel an Bewegung, eine schlechte Ernährung und der übermäßige Konsum von Alkohol. Natürlich haben wir heute einen geringeren Vitamin- und Mineraliengehalt in unserer Ernährung. Das dies einen großen Einfluss auf das Körperfett hat sehe ich nicht mehr so. Im Gegensatz zu früher, als wir über 20 verschiedene teils sehr teuere Supplements verwendeten, sind es heute weniger als 10 bei einer deutlich geringeren Dosierung. Auch hiermit konnten wir in Verbindung mit der Veränderung der Trainingsperiodisierung und Ernährungsumstellung hervorragende Ergebnisse erzielen.

Nils schaffte es innerhalb von 12 Wochen seinen Körperfettanteil von 23% auf 10,7% zu senken und 5,2kg fettfreie Masse aufzubauen. In diesem Zeitraum verwendete Nils 4 Supplements. Die verwendeten Supplements waren 2×2 Multivitamin und 1 Magnesium Kapsel täglich. Zum Training Aminosäuren und nach dem Training ein Whey Protein Shake.

 

5. Geh als Vorbild voraus

Leider hatte ich dies vergessen. Aufgrund von 2 Personal Trainingsstudios, unregelmäßiger und zu fett- sowie zuckerreicher Ernährung hatte ich einen Körper, mit dem ich nicht zufrieden sein konnte. Zudem war ich zu verliebt in meine Kraftwerte und führte kontinuierlich Training mit geringen Wiederholungen und viel Gewicht durch. Natürlich kann ich sagen, dass ich sehr viel Stress hatte, aber das haben auch viele meiner Kunden und das gilt nicht als Ausrede! Trotz einiger Versuche und einer Low Carb/ High Fat Ernährung schaffte ich es nicht zufriedenstellende Ergebnisse zu bekommen. Das Problem war, dass ich dies schon zu oft versuchte und wenn man immer dasselbe tut und auf andere Ergebnisse hofft, wird dies nie zum Ziel führen.

Also beschloss ich etwas komplett anderes zu machen. Ich führte Training mit hohem Volumen durch und aß weniger Fett, aber dafür mehr Kohlenhydrate. Dies war bis dato natürlich ein No-Go, da ich so darauf getrimmt war, dass ich mit meinen deutlich mehr als 10% Fettanteil nur 1x pro Woche Kohlenhydrate vertragen könnte. Aber tatsächlich funktionierte es hervorragend. Ich fing mit 4x pro Woche Zirkeltraining à 25-30 min an und steigerte mich im Laufe der Zeit auf mehr als 6 Trainingseinheiten à 45 min sowie zusätzlichem Boxtraining. Früher dachte ich immer, dass das viele Volumen zum Übertraining führen würde, aber durch eine optimale Periodisierung war dies nicht der Fall. Diese Erfahrungen, die ich im Laufe meiner Transformation gemacht habe und die ich aktuell in meinem Training mache, fließen in die Trainingsplanung meiner Kunden mit ein. Seien wir mal ehrlich: Wer hat den Lust immer nur Protein, Gemüse/Salat und Fett zu essen. Ich nicht und viele meiner Kunden auch nicht. Mit einem deutlich volumenreicheren Training sind mehr „Ausrutscher“ in Punkto Kohlenhydratkonsum erlaubt, welche dennoch zu einer Körperfettreduktion führen. Ist das Training hingegen zu sehr auf Kraft und wenigen Wiederholungen ausgelegt, fallen diese „Ausrutscher“ deutlich mehr ins Gewicht.

Die Vorher Nachher Bilder von PTM Head Coach Marc Lubetzki

 

Natürlich sanken meine Kraftwerte durch das höhere Volumen. Aber was bringt einem die Kraft, wenn man sein T-Shirt auszieht und man zu viel Körperfett hat. Ich sehe aktuell zu viele Trainerkollegen die, so wie ich damals, den Schwerpunkt zu sehr auf den Kraftaufbau legen und dies natürlich auch an ihre Kunden weitergeben. Das funktioniert sicherlich, wenn die Ernährung zu 99% passt. Aber wie schon zuvor beschrieben, ist der Anteil der Kunden die dies durchführen und durchhalten können zu gering. Natürlich liegt der Hauptteil der Arbeit beim Kunden. Gesundes Essen und ein guter Lifestyle sind Grundvoraussetzung.

Aber die Mehrzahl unserer Kunden sind keine Maschinen, sondern Menschen die auch gerne mal abends mit der Familie etwas Reis oder Brot essen und am Wochenende auch mal ein Stück Kuchen essen. In diesem Fall ist es unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass der Kunde im Training optimal gefordert wird und durch Bewegung Kalorien verbrennt. Ich esse gerne Kohlenhydrate. Dabei achte ich aber darauf, dass sie, wie Reis, Dinkel, Kartoffeln oder glutenfreie Produkte, gesund sind. Durch genügend Bewegung in meinem Training habe ich trotzdem Fortschritte. So gehe ich weiterhin als Vorbild voran und bleibe nah am Kunden.

Ich hoffe meine Worte helfen angehenden Trainern zu zeigen, dass es vollkommen normal und auch wichtig ist, dass man in seiner Karriere Fehler macht. Nur wer daraus lernt wird zu einem besseren Trainer.

Über diese und weitere Methoden, die wir für das Training, die Ernährung und die Supplements bei PTM mit unseren Kunden anwenden, werde ich auf meinem Seminar ausführlicher sprechen. Details folgen in den nächsten Wochen.

Weniger Körperfett und mehr Muskeln?