Modifizierte Varianten des 6-12-25 Trainingssystems 

Einer der wichtigsten Faktoren für beständigen Fortschritt ist Variation. Unser Körper adaptiert relativ schnell an neue Reize, ebenso besteht ein Gewöhnungseffekt, wenn man ein Programm zum wiederholten Male trainiert, welches man zuvor bereits erfolgreich angewendet hat. Aus diesen Gründen sind Modifikationen bestehender Programme wichtig.

Des Weiteren kann man mit den Wiederholungs- und Satzzahlen spielen, um einen anderen Schwerpunkt zu legen und das Programm metaboler oder neuraler zu gestalten, was ich im Fall von Eishockeyspieler Kevin Lavallée (Heilbronner Falken, DEL2) während seiner Vorbereitung für die aktuelle Saison 2016/17 getan habe.

Es ist bereits die zweite Off-Saison die Kevin mit mir trainiert. In der ersten Off- Saison habe ich die Programme an seinen aktuellen körperlichen Entwicklungsstatus zu dieser Zeit angepasst. Damit ein Programm effektiv ist und Sinn macht, muss es mit der richtigen Person zur richtigen Zeit ausgeführt werden.

Das ursprüngliche 6-12-25 Programm umfasst 3 Übungen mit abnehmender Komplexität in der A-Serie für dieselbe Muskelgruppe, die mit minimaler Pause direkt hintereinander ausgeführt werden. Für die B-Serie gibt es verschiedene Optionen. In Kevins Fall habe ich die B-Serie sowohl des Unterkörpers als auch des Oberkörpers für den jeweiligen Antagonisten mit einem identischen Satz-Wiederholungsschema gestaltet.

Ziel ist es, sowohl einen Reiz für funktionelle Hypertrophie und Hypertrophie zu setzen als auch Kraftausdauer und vor allem Laktatresistenz zu trainieren, da alle drei Übungen dieselbe Muskelgruppe trainieren. Durch die schwereren Gewichte in der A1 Übung (6 Wiederholungen) werden mehr Muskelfasern aktiviert, die dann mit den A2 und A3 Übungen nachermüdet werden. Somit entsteht ein hohes Laktatlevel, was Wachstumshormonausschüttung, Fettverbrennung und einen Trainingsreiz für das anaerobe-laktazide Energiesystem auslöst.

Folgende modifizierten 6-12-25 Varianten in Kevins Trainingsprogramm integriert:

4-8-12 für den Unterkörper und 3-6-9 für den Oberkörper.

Unterkörper Workout

A1 LH Frontkniebeuge, Fersen erhöht, 4 Wdh., 20X0 Tempo, 10 Sek. Pause
A2 Safety Bar Kniebeugen, 8 Wdh., 30X0 Tempo, 10 Sek. Pause
A3 Pendlum Squat, 12 Wdh., 20X0 Tempo, 180 Sek. Pause

Dieser Übungskomplex wird insgesamt 4x ausgeführt, anschließend wird zu der B- Serie gewechselt.

B1 Leg Curl, Zehen dorsiflexiert, neutral, 4 Wdh., 40X0 Tempo, 10 Sek. Pause
B2 Rumänisches Kreuzheben, schulterbreit, 8 Wdh., 3010 Tempo, 10 Sek. Pause
B3 45° Backextension, 12 Wdh., 2011 Tempo, 180 Sek. Pause

Dieser Übungskomplex wird insgesamt 4x ausgeführt.

Als Eishockeyspieler dauert die sportspezifische Belastung ca. 45 Sekunden. Anschließend wird der Spieler ausgewechselt. Im Prinzip ist es also ein hochintensives Intervalltraining, weshalb im Eishockey spezifischen Krafttraining höhere Wiederholungszahlen und längere Time Under Tension ihren Platz haben. Die 4-8-12 Variation hat nicht so einen großen metabolen Trainingseffekt wie 6-12- 25, dafür baut der Athlet mehr Kraft und Hypertrophie auf ohne aber auf eine anständige Laktatproduktion zu verzichten. Mit insgesamt 192 Wiederholungen (24 Wdh. bei 4 Sätzen für A und B Serie) hat das Programm immer noch ein sehr hohes Volumen.

Oberkörper Workout

A1 Klimmzug, neutral, 3 Wdh., 4010 Tempo, 10 Sek. Pause
A2 Latzug, supiniert, schulterbreit, 6 Wdh., 3010 Tempo, 10 Sek. Pause
A3 Sitzendes Rudern, Seil z. Hals, proniert, 9 Wdh., 2011 Tempo, 180 Sek. Pause

Dieser Übungskomplex wird insgesamt 4x ausgeführt, anschließend wird zu der B- Serie gewechselt.

B1 Dips, 3 Wdh., 4010 Tempo, 10 Sek. Pause
B2 30° LH Schrägbankdrücken, mittl. Griff, 6 Wdh., 3010 Tempo, 10 Sek. Pause
B3 45° KH Schrägbankdrücken, 9 Wdh., 2011 Tempo, 180 Sek. Pause

Dieser Übungskomplex wird insgesamt 4x ausgeführt.

Auch hier bietet das Gesamtvolumen von 144 Wiederholungen (18 Wdh. x 4 Sätze = 72 Wdh. x 2 Serien) immer noch einen großen Reiz für die Glykogen- Superkompensation. Durch die Reduzierung der Wiederholungszahl habe ich die jedoch die Dauer des Oberkörper Workouts verkürzt und die Belastung für diese Phase des Programms auf dem Kraftkontinuum weniger in den metabolen Kraftausdauerbereich und mehr in den Hypertrophiebereich geschoben. Das unterschiedliche Modifikationen des 6-12-25 funktionieren können habe ich durch Wolfgang Unsöld vom YPSI in Stuttgart gelernt.

Als Eishockeyspieler verliert man in der Saison viel Muskelmasse, daher ist es wichtig mit einer entsprechenden muskulären Reserve in die Saison zu starten. Insgesamt hat Kevin Lavalleés Trainingsprogramm in der Saisonvorbereitung 4 Phasen umfasst, von denen jede ihren eigenen Schwerpunkt hatte und die alle aufeinander aufgebaut haben. Die Anpassungen die ich in seinem Training nach Gesprächen über seine Erfahrungen mit dem Training für die vergangene Saison gemacht habe, haben sich sowohl optisch als auch während des Spiels positiv bemerkbar gemacht. Kevin ist momentan mit 33 Punkten in 40 Spielen (17 Tore und 16 Vorlagen) auf einem guten Weg die Kraft, Schnelligkeit und sportspezifische Ausdauer, die er sich durch das Strength & Conditioning Training im Gym aufgebaut hat, auf das Eis zu bringen.

Weniger Körperfett und mehr Muskeln